Optische Täuschungen - Warum sich unser Auge austricksen lässt

Parallele Linien, die nicht parallel erscheinen, Vasen, die gleichzeitig Köpfe sind, starre Bilder, die wild zu rotieren scheinen: Wer solche Phänomene wahrnimmt, muss sich keine Gedanken machen, dass mit seinen Augen etwas nicht stimmt. Zahlreiche Grafiken und Bilder spielen bewusst mit der faszinierenden Kunst, das Auge zu verwirren. Bei so vielen Möglichkeiten für kuriose Täuschungsmanöver ist es kein Wunder, dass sich optische Illusionen seit Langem großer Beliebtheit erfreuen. Aber was passiert dabei eigentlich im Auge – und im Gehirn?

Was ist eine optische Täuschung?

Als optische Täuschung bezeichnet man einen Seheindruck, der nicht mit der objektiv messbaren Realität übereinstimmt. Das bedeutet, dass das Gehirn eine falsche Annahme über die vom Auge aufgenommene Information trifft. Solche optischen Illusionen können die unterschiedlichsten Bereiche des Sehens betreffen, sodass Täuschungen in Bezug auf Bildtiefe, Farbe, Bewegung und viele andere Aspekte entstehen können. Werden jedoch weitere Sinne bei der Betrachtung hinzugezogen oder einzelne Bildteile abgedeckt, kann die Illusion meistens recht schnell als solche entlarvt werden. 

Das steckt dahinter: Optische Täuschungen in Auge und Gehirn

Um zu verstehen, wie eine optische Täuschung zustande kommt, ist es wichtig zu wissen, dass “Sehen” nicht allein im Auge passiert. Tatsächlich ist unser Auge lediglich das Organ, welches visuelle Reize aufnimmt – also quasi unser Fenster zur Welt. Die Auswertung der Reize hingegen erfolgt im visuellen Kortex unseres Gehirns. Hier werden die ankommenden Reize interpretiert, aber auch mit Erfahrungswerten abgeglichen. Das Gehirn prüft sozusagen, ob das, was das Auge “gemeldet” hat, auch tatsächlich wahr sein kann. Mithilfe solcher Interpretationsprozesse wird z.B. aus einem quaderförmigen Gegenstand mit dunklen Kreisen ein Auto. 

Die Auswertungsfähigkeiten unseres Gehirns sind beachtlich – aber fehlbar. Besonders, wenn im Bruchteil einer Sekunde Entscheidungen getroffen werden müssen und dabei eine Vielzahl unterschiedlichster Reize auf unser Gehirn einprasselt, kommt es leicht zu Fehlinterpretationen. Und nicht nur das: Durch die Einbeziehung von Erfahrungen und Erinnerungen “vervollständigt” unser Gehirn die Informationen, die das Auge mitteilt, um weitere Dinge, die eigentlich gar nicht da sind. 

Welche Arten der optischen Täuschung gibt es?

Die Zahl der optischen Illusionen ist groß. Zu den beliebtesten Bildern zählen die folgenden Phänomene:

Größentäuschung

Eine der bekanntesten optischen Täuschungen ist die so genannte Müller-Lyer-Linie, bei der zwei Striche der exakt gleichen Länge völlig unterschiedlich wahrgenommen werden. Größentäuschungen sind von der Anordnung der Elemente im Raum abhängig, wobei zusätzliche Elemente die unterschiedliche Wahrnehmung begünstigen. 

Bewegungsillusion

Vor allem auf gedrucktem Papier sorgen Bewegungsillusionen dafür, dass wir – sprichwörtlich – unserem Auge nicht trauen können. Bei diesen Bildern fokussiert das Auge eine Stelle, während sich alle anderen Bildbereiche zu bewegen scheinen. Grund für eine solche Täuschung sind oft sich wiederholende Muster von starkem Kontrast, die einen schnellen Wechsel in der visuellen Wahrnehmung erfordern und deshalb fehlinterpretiert werden, ein klassischer Fall von “Überlastung” also.

Relativität von Linien

Auch bei der Wahrnehmung von Linien spielen Kontraste eine entscheidende Rolle. Bei der Zöllner-Täuschung beispielsweise werden parallele Linien durch ihre unterschiedliche Färbung und eine Vielzahl zusätzlicher diagonaler Linien fehlinterpretiert und schräg wahrgenommen. Eine ähnliche Wirkung hat auch die beliebte Café-Wall-Illusion, bei der die waagerechten Linien durch Farbkontraste nicht als parallel wahrgenommen werden. 

Ist Ihr Interesse an optischen Täuschungen geweckt? Bei einem Ausflug ins Museum der Illusionen können Sie viele weitere optische Phänomene entdecken!

Optische Täuschungen im Alltag

Auch im täglichen Leben sind wir einer Vielzahl kurioser optischer Phänomene ausgesetzt – häufig sogar ohne es bewusst zu merken. Bei einem Film zum Beispiel entsteht durch die schnelle Abfolge statischer Einzelbilder der Eindruck echter Bewegung. Sind die Augen längere Zeit farbigem Licht ausgesetzt (z.B. durch die grüne Deckenbeleuchtung einer Bar), entsteht für einige Zeit ein farbiges Nachbild, wenn die Augen wieder normalem Licht ausgesetzt sind. Im beschriebenen Fall würde eine normale Beleuchtung plötzlich pink erscheinen. 

Unser Hirn kann jedoch nicht nur zusätzliche Informationen in die Interpretation der visuellen Reize einbeziehen – sondern dankenswerterweise auch weglassen. So sorgt der sogenannte Troxler-Effekt dafür, dass die Ränder einer Brille nicht permanent wahrgenommen werden, obwohl sie sich immer in unserem Blickfeld befinden!

 

Photo von Cristian Ungureanu