Als Seiichi Miyake 1965 ein Leitsystem für seinen erblindeten Freund entwarf, konnte er noch nicht ahnen, dass sich seine Idee auf der ganzen Welt durchsetzen wird. Heute ist das Blindenleitsystem fester Bestandteil im urbanen Raum und erleichtert Blinden wie auch Menschen mit vermindertem Sehvermögen die Orientierung.
Wie funktioniert das Blindenleitsystem?
In Einkaufszentren, öffentlichen Gebäuden oder an Kreuzungen: Überall begegnen uns geriffelte oder genoppte Bereiche, die sich stark vom Umgebungsuntergrund abheben. Es ist ein Muster mit System.
Leitstreifen können mit dem Blindenstock ertastet werden und führen die Person entlang einer Richtung. Kommt es zu einem Richtungswechsel oder wird der Weg von einer Kreuzung oder Treppe unterbrochen, gehen die Linien in Noppen über.
Werden die Platten mit dem Blindenstock ertastet, spielen sie ein akustisches Signal an den Nutzer zurück. Mit etwas Übung lassen sich diese Signale leicht voneinander unterscheiden und ermöglichen es blinden Menschen so, sich selbstbestimmt durch den öffentlichen Raum zu bewegen.
Die Muster eines Blindenleitsystems sind auch für Personen mit vermindertem Sehvermögen hilfreich, da sie sich mit den Füßen ertasten lassen. Gleichzeitig müssen sich die Platten laut DIN 32981 von der Umgebung auch farblich abheben, um leichter erkannt werden zu können.
Blindenleitsystem damals und heute
Das Grundprinzip des Leitsystems ist seit mehr als 55 Jahren unverändert. Einzig am Material wurde stetig weiter geforscht.
Die Musterplatten müssen mehrere Voraussetzungen erfüllen, um ihrer Funktion gerecht zu werden. Noppen und Linien sollten stark genug sein, um ertastet werden zu können, dürfen zugleich jedoch nicht zum Hindernis werden. Platten im Außenbereich müssen witterungsbeständig sein und sollten eine lange Strahlkraft besitzen.
Neben speziellen Betonmischungen haben sich deshalb in den vergangenen Jahren auch Bodenbeklebungen aus Kunststoff bewährt. Die Beklebungen sind besonders temperaturbeständig, behalten lange ihre Farbe und sind vielseitig einsetzbar.
Pioniere wie Seiichi Miyake oder Helen Keller schafften mit ihrem Wirken ein besseres Verständnis für Menschen mit vermindertem Sehvermögen und deren Bedürfnisse. Dank Ihnen wurde die Welt ein Stück barrierefreier. Das Blindenleitsystem ist nur eines von vielen Hilfsmitteln, die den Alltag von Blinden erleichtern. Dass sich auch die Kultur immer mehr für Menschen mit vermindertem Sehvermögen öffnet, zeigt beispielsweise der Vertrag von Marrakesch.
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Foto: LudwigSebastianMicheler, Lizenz CC BY-SA 4.0