"Pass auf, du verdirbst dir sonst die Augen” – diesen Satz hat wohl jeder in seiner Kindheit schon gehört. Egal, ob es dabei um das absichtliche Verdrehen der Augen, lange Lesestunden (vorzugsweise nachts, unter der Bettdecke) oder Nachmittage vor dem Fernseher ging: Die Angst, dass die Augen ihrer Kinder für immer in Mitleidenschaft gezogen werden, beschäftigt viele Eltern. Wir haben für Sie die gängigen “Augen-Mythen” einmal auf den Prüfstand gestellt und herausgefunden, was die Sicht beeinträchtigen kann und was ins Reich der Märchen gehört.
“Bei absichtlichem Schielen bleiben die Augen so stehen”
Grimassen schneiden ist besonders bei jüngeren Kindern ein beliebter Zeitvertreib. Die meisten Eltern reagieren hingegen gar nicht begeistert und warnen damit, dass die verdrehten Augen für immer so “stehen bleiben”. Dadurch entsteht der Eindruck, die Augen könnten sich verkanten – und nie wieder in die Ausgangsposition zurückfinden. Diese Warnung entbehrt jedoch jeglicher Grundlage und kann getrost ignoriert werden. Anders sieht die Situation jedoch aus, wenn die Augen von selbst eine Fehlstellung einnehmen undin unterschiedliche Richtungen schauen. Diese als Strabismus bezeichnete Beeinträchtigung sollte unbedingt frühzeitig korrigiert werden, da sie sonst zu einer bleibenden Sehschwäche führen kann, die das räumliche Sehen dauerhaft beeinträchtigt.
“Wer unter der Bettdecke liest, braucht später eine Brille”
Wie ärgerlich war es, als man als Kind schlafen geschickt wurde, wenn die Geschichte im Buch doch gerade so spannend war! Wer dann unter der Bettdecke mit der Taschenlampe weitergelesen hat und erwischt wurde, hörte häufig den Satz “Du verdirbst dir ja die Augen”. Wissenschaftliche Belege dafür, dass Lesen bei schlechten Lichtverhältnissen den Augen wirklich schadet, gibt es nicht. Je weniger Licht jedoch zur Verfügung steht, desto dichter wird ein Buch an die Augen herangeführt, um die Buchstaben zu entziffern – und dabei werden der Ziliarmuskel und auch andere Augenmuskeln arg strapaziert. Die Sehkraft kann dann für kurze Zeit tatsächlich abnehmen, sollte aber nach der nächtlichen Ruhepause am nächste Morgen vollständig wiederhergestellt sein. Wenn Kinder jedoch täglich viele Stunden bei schlechtem Licht lesen – nicht nur unter der Bettdecke! – kann es zur Kurzsichtigkeit kommen.
“Wer zu viel Fernsehen schaut, bekommt viereckige Augen”
Dieser Satz zählt zu den Klassikern der Kindererziehung – und ist Humbug, wenn man ihn wörtlich versteht. Was jedoch nach vielen Stunden vor dem Fernseher tatsächlich eintreten kann, ist ein Brennen in den Augen. Das konzentrierte Verfolgen der Geschehnisse auf dem Bildschirm führt nämlich dazu, dass Kinder und Erwachsene weniger blinzeln. Dadurch wird das Auge trocken, da es deutlich weniger mit Tränenflüssigkeit benetzt wird. Das wird allerdings in erster Linie für die Menschen zum Problem, die eh schon unter zu trockenen Augen leiden.
“Computer und Handys sind schlecht für die Augen”
Nicht nur der Fernsehbildschirm – auch Computer und Handys führen zu sogenannter Blickmonotonie, bei der Kinder, Jugendliche und Erwachsene vergessen zu blinzeln. Auch wenn Bildschirmarbeit, stundenlanges Spielen und Scrollen am Handy und alle Arten von Videospielen nicht per se schlecht für die Augen sind, können sie dennoch Einfluss auf die Entwicklung der Augen haben, insbesondere bei Kindern. Betrachtet man die sich verändernden Sehgewohnheiten der Menschen nämlich im Gesamtpaket, fällt auf, dass sich der Aufenthalt in künstlich beleuchteten Innenräumen und regelmäßige Naharbeit (weniger als 30 cm Abstand zum betrachteten Objekt) häufen. Beide Tätigkeiten scheinen dasLängenwachstum des Auges zu begünstigen und damit die Entwicklung von Kurzsichtigkeit zu fördern. Für Kinder wie auch für Erwachsene gilt also, diesen Trends entgegenzuwirken und vor allem in der Freizeit mehr Zeit draußen und bei Tätigkeiten ohne Nahfokussierung zu verbringen, z.B. beim Laufen, Spazierengehen oder Radfahren.
“Karotten sind gut für die Augen...”
“...oder hast du schon mal einen Hasen mit Brille gesehen?” Manche beliebte Augenmythen halten sich aus gutem Grund – und der Mohrrüben-Mythos gehört dazu. Wie der Name nahelegt, enthalten Karotten nämlich viele Beta Carotene. Diese sind die Vorstufe des Vitamin A, welches auch als “Retinol” bezeichnet wird und dabei auf seine positive Wirkung auf die Retina, also die Netzhaut des Auges hin. Herrscht im Körper des Menschen nämlich ein massiver Vitamin-A-Mangel, kann dies zu Nachtblindheit führen, da die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut nicht mehr richtig funktionieren.
Auch wenn die Karotte immer als erstes zitiert wird, wenn es um gutes Sehen geht, gibt es tatsächlichzahlreiche Lebensmittel, die deutlich mehr Vitamin A enthalten. Dazu zählen neben Spinat oder Grünkohl vor allem auch tierische Lebensmittel wie Leber.
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